New BOEM*ian Gastarbeiter Opera
Die Gastarbeiteroper ist eine Baustelle. Auf dieser Baustelle sind wir die Poliere und die Lehrlinge des Geschmacks. Stück für Stück bauen und stückeln wir sie zusammen. Pfusch natürlich. Es wird schon gehen, das wird schon halten. „nema problema“ oder „ima problema“ (Wiener Baustellenesperanto für: Es gibt Probleme – es gibt keine Probleme)? Die Vorlage (ein ganzes Land: Jugoslawien) und die Subjekte (die Gastarbeiter) sind uns abhandengekommen. Abhandengekommen sind uns auch etwa 100 jugoslawische Arbeiterklubs in Wien. In einer Gemeinschaft wo die Zukunft schon stattgefunden hat, Gott tot war, und die Amen und Omen der brüderlichen Einigkeit gesprochen wurde, sind wir Archäologen und legen Sedimente frei. Die Klubs lagen damals in den Kellern. Mittlerweile sind wir im Erdgeschoss angekommen, aufgestiegen in das „Jugoeckkaffeehaus“. Ins BOEM. Peripher. Demokratisch, und oft auch ethnisch eindeutig. Anscheinend hat der Sozialismus den politiklosen Arbeiter geschaffen. Ohne Kenntnisse der Sprache kann mensch trotzdem das beste Auto Europas bauen und alle Museen putzen. Ins Eckkaffee kann mensch auch mit dreckigen Händen kommen. Sauber bleibt da niemand. Sterben und begraben werden möchte ich lieber hier. Das sagt die Kellnerin. Am Krieg sind wir zerbrochen. Die schönsten Scherben sind in Wien. Rund um das BOEM setzen wir sie zu einem schillernden Mosaik zusammen. Das Mosaik, die Fragmente des Zerbrochenen, was wir finden: stellen wir im WUK aus. In der Form unserer Oper. Keiner von uns war jemals in der Oper. Da passiert nichts. Hier schon.
In 5 Akten gewähren wir Einblick in die Suche. Beurteilen die Scherben. Manche sind so scharf, dass wir sie in ein anderes Medium verfrachten. Gut das unsere Handschuhe nicht aus Samt sind. Arbeitshandschuhe dienten uns als kulturelle Tarnkappen: Niemand hat uns gesehen. Doch wenn wir uns selbst betrachten, merken wir, dass wir nicht mehr unsichtbar sind. Unsere Rollen haben andere eingenommen. Wir verlassen das Erdgeschoss.
Lebt Jörg Haider in uns weiter – oder ist es nur sein Geist?